Afrika im Fussball-Fieber

    Re: Afrika im Fussball-Fieber

    Sie wurden für den Friedensnobelpreis nominiert und sammeln nach dem Training Müll: Die Fußballer aus dem Slum Mathare in Nairobi haben es innerhalb weniger Jahre zu Kenias berühmtesten Sportlern gebracht. Nun wollen sie den Meistertitel verteidigen.

    "Warum nicht Madrid?" Prince Ray schiebt die Unterlippe vor. "Warum nicht Manchester?" Er streift sich das T-Shirt vom Körper, schöpft Wasser aus der Regentonne, wäscht sich und sagt: "Wenn mein Team aus dem Ghetto Champion werden kann, warum sollte ich es dann nicht nach Europa schaffen?"


    Prince Ray, 14, spielt in einer der Jugendmannschaften des kenianischen Fußballvereins Mathare United, der Methare Youth Sports Association (MYSA). Der Club wurde vor 22 Jahren gegründet als Hilfsprojekt für Kinder in einem Slum in der Hauptstadt Nairobi. Innerhalb weniger Jahre spielte sich Mathare in die kenianische Premier-League und hat seither mehr Nationalspieler gestellt als jeder andere Club in Kenia. Zweimal wurde dem Verein der Laureus Sport Award verliehen, zweimal wurde er für den Friedensnobelpreis nominiert. Im vergangenen Jahr schließlich gewannen die Fußballer aus dem Slum erstmals die kenianische Meisterschaft.

    "Die Jungs haben Geschichte geschrieben", sagt MYSA-Präsident Bob Munro SPIEGEL ONLINE. Der Kanadier kam in den achtziger Jahren als Mitarbeiter der Unep, der Umweltorganisation der Vereinten Nationen, nach Nairobi. In Mathare traf er Kinder, die zwischen Glasscherben und Hundekot gegen eine Konservendose traten. "Ich sagte: Ihr reinigt den Platz und ich kaufe euch einen neuen Ball. So entstand MYSA", erzählt Munro. Heute spielen 18.000 Jugendliche in 1200 Mannschaften für den Sportverein. Die MYSA-League ist die größte Jugendliga Afrikas.

    Prince Ray zieht ein vergilbtes Bild des kenianischen Nationalstürmers Macdonald Mariga aus der Hosentasche. Mariga spielt für den FC Parma in der italienischen Serie A. Er ist einer von 17 Mathare-Schülern, die bei europäischen Profi-Clubs unter Vertrag stehen. "Macdonald hat es geschafft", sagt Prince Ray. Fast alle Jugendlichen in Mathare träumen diesen Traum: als Fußballprofi in Italien, Spanien oder Deutschland Geld zu verdienen.

    Trommelwirbel für die kickenden Vorbilder

    Auf den Rasen im Nyayo-Nationalstadion in Nairobi brennt die Sonne. Lärm legt sich wie eine Decke über die Ränge. Tausende Zuschauer sind gekommen, um das Spitzenspiel der kenianischen Premier-League zwischen dem Tabellenersten Tusker Nairobi und dem Tabellenvierten Mathare United zu sehen. Die Fans tanzen, singen, trommeln.

    Die Mathare-Kicker tragen Piercings, Tattoos, Rastalocken. Sie sehen aus wie eine Reggae-Band auf dem Weg zum nächsten Gig. Ihre grün-gelben Trikots ziehen sie wie immer bei Auswärtsspielen schon im Bus über. Die Kabine des Gegners, fürchten sie, könnte verhext sein.

    "Ladies and Gentlemen! Mathare United!", ruft der Stadionsprecher. Die Zuschauer springen von den Sitzen. Mathare beginnt mutig. Nach 30 Minuten geht das Team durch ein Freistoßtor in Führung. Tusker drängt auf den Ausgleich, doch die Gäste verteidigen geschickt. Die Spieler laufen weite Wege, sie sind sicher am Ball und passen präzise. Um jedoch international erfolgreich zu sein, fehlt es der Elf an Ordnung. "Es ist schwer. Immerhin verlieren wir jedes Jahr drei bis vier unserer besten Spieler", sagt Trainer Francis Kimanzi.

    Jugendarbeit und Leidenschaft statt teurer Transfers

    Mathare-Profis verdienen im Monat zwischen 100 und 300 Euro. Das ist viel Geld in einem Land, in dem zwei Drittel der Menschen von weniger als zwei Dollar am Tag leben. Es ist aber weniger als andere Spitzenclubs in Ostafrika auszugeben bereit sind. Top-Teams in Tansania oder Uganda zahlen ihren Stars bis zu 1000 Euro im Monat. Zudem kauft Mathare keine Spieler - nicht in Kenia und nicht im Ausland. Im Kader stehen nur Profis, die in dem Slum aufgewachsen sind und Mathares Jugendmanschaften durchlaufen haben. "Dem Geld der anderen setzen wir unsere Leidenschaft entgegen", sagt Kimanzi. Er hat als Jugendlicher für Mathare gespielt, sich in Holland zum Übungsleiter ausbilden lassen und die kenianische Nationalmannschaft trainiert. Seit 2002 betreut er Mathare United.

    Von den reichen Vororten im Norden Nairobis trennt die Siedlung nur der Fluss Mathare - und doch eine Welt. Eine halbe Million Menschen leben in Mathare, einem der ärmsten Slums Afrikas. Acht von zehn Bewohnern sind ohne Arbeit, jeder dritte ist mit HIV infiziert. Die Häuser sind aus Abfall gebaut, aus Wellblech, Pappe, Spanplatten. Wenn Regen fällt, versinken die Behausungen im Schlamm.

    Prince Ray ist als Waisenkind aufgewachsen. Seine Mutter starb an Aids, da war er drei. Seinen Vater hat er nie gesehen. "Ich habe Drogen genommen, Klebstoff geschnüffelt, geklaut", erzählt er. "Mit zehn habe ich begonnen, Fußball zu spielen und mir geschworen: Jetzt baust du keinen Mist mehr." Prince Ray legt den Kopf schief. "Ohne MYSA wäre ich heute tot."

    Lob von der Fußball-Legende - und Sozialarbeit als Pflichtaufgabe

    Englands Fußball-Legende Sir Bobby Charlton sagt, Mathare sei der außergewöhnlichste Fußballclub der Welt. Doch Mathare ist mehr als ein Club: Es ist eines der erfolgreichsten Hilfsprojekte Afrikas. Geld kommt von europäischen Regierungen, dem Weltfußball-Verband Fifa, der Kenyatta Universität in Nairobi. Bob Munro gibt als Präsident Ratschläge, doch das Alltagsgeschäft regeln die Jugendlichen selbst. In Mathare übernehmen 13-Jährige Verantwortung für ihren Bezirk, trainieren Jugendteams und verhandeln mit Politikern. Alle 63 Angestellten leben in dem Ghetto. Ihre Arbeit beschränkt sich nicht auf Fußball. Sie geben Trommel- und Theaterkurse, klären über Aids auf und vertreten Jugendliche vor Gericht. Wer in der Profimannschaft spielt, muss im Monat 40 Stunden Sozialarbeit leisten - Schülern bei den Hausaufgaben helfen, Essen an Straßenkinder verteilen.

    Zwei Tage nach dem 1:0 Sieg gegen Tusker Nairobi spurten die Mathare United-Spieler über den Trainingsplatz im Norden des Slums. Sie üben Passspiel zwischen Hindernissen und Autowracks. Die Erde ist rot und hart, die Tore haben keine Netze. Hinter den Mauern lärmt der Verkehr. Coach Kimanzi jongliert einen Ball auf dem Fuß und brüllt Anweisungen aufs Spielfeld. "Tiefer! Ihr müsst tiefer stehen!" Sein Assistent hält Besen und Schaufel in der Hand.

    Die Profis sollen nach dem Training im Slum Müll sammeln.
    Quelle: spiegel.de
    Eines der nützlichsten Tiere ist das Schwein. Von ihm kann man alles verwenden, das Fleisch von vorn bis hinten, die Haut für Leder, die Borsten für Bürsten und den Namen als Schimpfwort. (Kindermund)

    Re: Afrika im Fussball-Fieber

    Es gibt nicht nur Weltmeisterschaft und oberste Liga.
    Eine "kleine" Möglichkeit der Hilfe ist es eine Mannschaft zu sponsern, mit wirklich kleinen Mitteln.
    Diese Jungs rennen auf miserablen Feldern rum die man sich nicht vorstellen kann.
    Manche sogar ohne Schuhe und geben das Letzte und das bei der Hitze.

    Den Jungs einfach nur zu zeigen dass man als Mzungu begeistert ist, ist schon der halbe Weg.
    Dann bei den Spielen oder beim Training für Wasser sorgen, was dort schon ganze Wunder wirkt.
    Und letztendlich den Jungs ein paar Tricks und Taktik beibringen, denn technisch sind sie super drauf.

    Mit diesen kleinen Mitteln kann man Begeisterung und Spielfreude wecken und schafft sich gute Freunde.
    Kleiner Beigeschmack war: Es wurde kein Spiel mehr verloren ! Sogar gegen die sonst so übermächtige ortsansässige Mannschaft die einen schwedischen Sponsor hat. Zuschauer wurden immer mehr und für Ukunda, es war ein richtiges Wunder.

    Leider weiß ich nicht wie lange sich dieser Zusatand gehalten hat und die Euphorie immer noch so ist.
    Von September bis Dezember waren jedenfalls die beiden Sportstätten, wenn man sie so nennen kann, voll besucht.

    Hier "meine" Jungs:
    Bilder
    • 2009-11-20 Fuji 011.JPG

      60,58 kB, 427×320, 92 mal angesehen