Erfahrungen einer Kenianerin mit Mzungus

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    Erfahrungen einer Kenianerin mit Mzungus

    Hallo allerseits,

    ich habe ein Buch geschrieben. Es schildert das Deutsch-Kenianische Zusammentreffen einmal aus kenianischer Sicht. Vielleicht ist das für einige hier im Forum ein neuer Aspekt.

    Hier eine kleine Leseprobe, vor allem weil diese inhaltlich sehr gut zum Thema dieses Forums passt:

    Ich war fünf Jahre alt. Es war das erste Mal, dass ich einen Mzungu sah. Mit dem Wort Mzungu bezeichnen wir in unserer Sprache Kisuaheli einen weißen Europäer. In den Augen der ländlichen Bevölkerung in Kenia sind alle Mzungus unvorstellbar reich. Ihre Geldquelle versiegt niemals. Wenn sie Geld haben wollen, dann gehen sie zu einer Bank und bekommen so viel sie verlangen. Man sieht sie nie arbeiten. Und sie besitzen Dinge, die wir nie zuvor gesehen haben: Smartphones, Laptops, Kameras, teure Uhren. Wie die anderen ging auch ich vorsichtig zu diesem Mzungu hin, um ihn anzufassen. Er sah so ganz anders aus als die Männer hier. Seine helle Haut, das glatte, blonde Haar, der feine Anzug. Aber seine Haut fühlte sich ganz normal an. So wie Haut sich immer anfühlt. Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte. Aber das offensichtlich nicht.

    Es war meine erste Begegnung mit einem weißen Mann, damals auf dem Markt in Cheptulu. Es kamen nicht oft Europäer in diese abgelegene Gegend. Auch dieser hatte sich verfahren. Er suchte die Kaimosi Mission. Unterhalten konnte ich mich damals nicht mit ihm. Ich sprach nur Tiriki, die Stammessprache des hiesigen Unterstammes der Luhya, und Swahili. Der Fremde mit der weißen Haut sprach nur Englisch. Er zeigte uns ein Bild der Mission und wir bedeuteten ihm mit Händen und Füßen, wie er dort hinkäme. Dann fotografierte er uns. Als Dank gab er meiner Freundin Felister und mir je einen Schokoladenriegel. Es war der erste in meinem Leben. Diese unspektakuläre Begegnung muss mich damals sehr beeindruckt haben, sonst wäre sie mir nicht so deutlich in Erinnerung geblieben.

    Wenn ich heute daran zurück denke, überrascht mich vor allem, dass ich als kleines Mädchen alleine 4 km entfernt von zu Hause in Cheptulu auf dem Markt spielte. Das ist ganz schön weit für ein kleines Kind – besonders barfuß. Aber was sollte ein Kind den ganzen Tag machen, wenn die Eltern weit weg arbeiten und beide früh morgens aus dem Haus gehen und erst abends spät zurückkehren. Oft begrüßte ich meine Mutter an der Bushaltestelle, wenn sie aus dem Bus von Kakamega stieg. Wir gingen dann zusammen nach Hause und sie kochte für uns. Meist war es Ugali, ein Maisbrei. Manchmal gab es dazu Sukuma Wiki, ein Gemüse das etwa so schmeckt wie der deutsche Grünkohl. Ein riesiger Bund dieses Gemüses schrumpft beim Garen mit Zwiebeln und einer Tomate zu einer Portion. Der Name Sukuma Wiki bedeutete soviel wie 'Woche verlängern'. Das bezog sich auf den niedrigen Preis dieses Gemüses, das bei uns wie Unkraut aus dem Boden schießt. Das hilft dabei, mit dem Haushaltsgeld besser über die Woche zu kommen. Besonderer Luxus war es, wenn wir Dagaa zum Ugali bekamen. Dagaa ist ein Kleinfisch, der in mondlosen Nächten im Viktoria-See gefangen wird, um dann im Ganzen gebraten und verzehrt zu werden.

    Viel später, es war immer schon dunkel, kam dann auch mein Vater nach Hause. Er arbeitete damals in Kisumu. Und am nächsten Morgen mussten beide schon wieder sehr früh aus dem Haus. Mein Vater arbeitete jeden Tag. Urlaub gab es nie. Meine Mutter hatte immerhin am Sonntag frei. Dann gingen wir in die Kirche. Es waren beeindruckende Gottesdienste und ich ging immer gerne in die Kirche. Besonders gefiel es mir, wenn wir alle zusammen sangen. Ist es nicht seltsam, dass ich heute noch alle Lieder von damals auswendig kann? Nur dass ich damals nicht wirklich verstand, worum es in den Liedern ging und wer dieser 'Herr' war. Ich erfreute mich einfach nur daran, dass so viele Menschen unseres Stammes hier so fröhlich beisammen waren. Dass es uns damals viel besser ging als den meisten Menschen hier in Vihiga County, erkannte ich daran, dass meine Mutter als eine der wenigen jeden Sonntag etwas für die Gemeinde spenden konnte. Wie ich heute weiß, sicherten diese kleinen Geldspenden das Überleben vieler Stammesbrüder und -schwestern, die noch weitaus weniger hatten als wir.

    Unser Haus war sehr einfach. Ein Zimmer war das Schlafzimmer. Hier schliefen meine Eltern und ich in einem Bett. Ob das auch der Grund war, weshalb ich keine Geschwister habe? Der zweite Raum war eine Art Wohnzimmer, aber sehr einfach eingerichtet. Gekocht wurde draußen unter einem Vordach. Die Spüle wurde auch zum Waschen genutzt. Zähne wurden mit einem Stückchen frischen Zypressenholzes geputzt. Zahnpasta hatten wir keine. Nebenan, in einem separaten Häuschen war die Toilette. Natürlich hatten wir kein Toilettenpapier. Stattdessen nutzten wir Blätter von Bäumen. Stimmt es, dass andernorts Frauen darüber diskutieren, dass man von vorne nach hinten wischen müsse? Diese würden sich hier sicher nicht wohlgefühlt haben.

    An der Rückseite des Hauses, nur mit einer Plane versehen, war unsere Dusche. Wir hatten weder Strom noch einen Brunnen. Unser Trinkwasser bekamen wir durch Auffangen des Regens oder aus dem nahe gelegenen Fluss. Das hört sich sehr primitiv an, doch war es schon weitaus mehr als die meisten Nachbarn hatten. Viele lebten mit mehr Personen in einem einzigen Raum. Diese Region Kenias ist sehr ländlich. Familien leben von dem Ertrag ihrer sehr kleinen Felder. Da bleibt nichts zum Verkaufen. Die wenigsten beenden die Schule. Und damit gibt es dann auch kein Entkommen aus diesem Zustand. Noch während der Primary School haben viele Mädchen den ersten Freund, viele werden schwanger bevor sie 16 sind und sehen sich kurz darauf vom Vater ihres Kindes verlassen, weil der in der Ferne – Nairobi oder Mombasa - hofft, Geld verdienen zu können. Alle träumen von wenigstens einem ganz kleinen bisschen Luxus. Aber am Ende sind die meisten froh, wenn sie nicht hungern müssen. Drei Tage nichts zu essen, zählt aber nicht als hungern. Das ist hier leider ganz normal.

    Wenn Deutsche an Kenia, unser Land auf dem Äquator denken, dann assoziieren sie sofort Hitze, Dürre und sengende Sonne. Im Norden Kenias oder an der Küste mag das so sein. Tatsächlich haben wir aber in meiner Heimat im Westen Kenias tropisch feuchtes Klima und fünfmal so viel Regen wie Deutschland. Hinzu kommt hier in Vihiga die Höhe von 1.650m über dem Meer. Das beschert uns das ganze Jahr lang sehr angenehme Temperaturen. Eigentlich sind das alles ideale Voraussetzungen für ein wahres Schlaraffenland. Doch wo Licht ist, da ist auch Schatten. Und Licht gibt es viel am Äquator …
    Das Buch 'Karibu Nairobi beschreibt mein Leben.https://www.amazon.de/kindle/dp/B01GKCRO6Y

    Aufgewachsen im ländlichen Vihiga, zum Studium nach Nairobi gekommen und dann nach Diani Beach verschlagen. Die dabei gemachten Erfahrungen mit Mzungus sowie viele Details über Kenia liebevoll und detailgenau erzählt in einem einzigen Buch. Ich würde mich über Deine Meinung zum Buch sehr freuen.

    Der YouTube-Kanal mit vielen Infos über Kenia: youtube.com/channel/UC6onRqel3jQscHT0QWxxPcg
    Hallo NinoDi,

    Wird es das buch auch als richtiges Buch geben? finde Auf Amazon nur die Kindle version


    Ja, aber das Taschenbuch kommt erst zur Buchmesse im Oktober. Bis dahin ist nur die Amazon-Version verfügbar die man natürlich nicht nur auf Kindle, sondern auch auf Handy, Smartphone, iPad etc. lesen kann. Übrigens gibt es bei Amazon eine umfangreiche Leseprobe kostenlos.
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    Aufgewachsen im ländlichen Vihiga, zum Studium nach Nairobi gekommen und dann nach Diani Beach verschlagen. Die dabei gemachten Erfahrungen mit Mzungus sowie viele Details über Kenia liebevoll und detailgenau erzählt in einem einzigen Buch. Ich würde mich über Deine Meinung zum Buch sehr freuen.

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    @wajiku: Nina furaha kwa wote wanaoisoma
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    Aufgewachsen im ländlichen Vihiga, zum Studium nach Nairobi gekommen und dann nach Diani Beach verschlagen. Die dabei gemachten Erfahrungen mit Mzungus sowie viele Details über Kenia liebevoll und detailgenau erzählt in einem einzigen Buch. Ich würde mich über Deine Meinung zum Buch sehr freuen.

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    Hallo Karibu,

    habe nur den Auszug oben von Deinem Buch gelesen.
    Deine Geschichte ist wirklich sehr interessant.
    Ich war ende 2016 in Kissumu und habe das natürlich aus der Sicht eines Mzungus gesehen.
    In Mamboleo habe ich für ein paar tage gerade neben einer Kirche in einem sehr einfachen Hotel übernachtet.
    Es war zwar etwas laut, aber auch sehr eindrücklich für mich, mit welcher Inbrunst die Leute Ihren Gottesdienst Zelebriert haben.
    Am ende, habe ich in Mamboleo sehr interessante Menschen getroffen ....

    Gruss
    Georg
    Mal lesen gestern angekommen.


    Hab da noch ein Buch gefunden (Tansania):
    Sternendiebe: Mein Leben in Afrika, Nicole Mtawa.

    Nicole Mtawa wurde 1979 in Schwäb. Gmünd geboren. Als sie 2001 als
    Backpacker für ein halbes Jahr nach Australien ging, änderte sich ihr
    Leben komplett. In den Wintersemestern half sie von nun an notleidenden
    Kindern in Tansania und Indien, während sie in den Sommermonaten
    Bekleidungstechnik studierte. 2005 heiratete sie den Straßenjungen Juma
    in Tansania und erfüllte ihm seinen Traum vom eigenen Buch
    (Sternendiebe).
    Hi, das ist lustig, vielleicht werde ich mir das Buch kaufen - ich könnte etwas lernen.

    Ich dachte zum Beispiel nicht, dass Tiriki eine eigene Tribe ist, ich dachte immer, dass dort Maragoli leben und dass die Sprache, die gesprochen wird entweder Ludiriji oder Maragoli ist. Ich glaube in Kaimosi wird nur (oder fast nur) Maragoli gesprochen?
    Und auch, dass man in diesem Teil Kenias die kleinen Fische schätzen kann, war mir neu, aber wahrscheinlich war das in eurer Familie so, weil Dein Vater in Kisumu gearbeitet hat. Dass Schulbildung einProblem darstellt ist mir klar aber Hunger habe ich in Vihiga noch nie gesehen. Allerdings bin ich vielleicht erst zu spät dahin gekommen.
    In welcher Zeit handelt das Buch denn so ungefähr (natürlich nur das Jahrzehnt, nicht dass ich um Dein Alter frage :) )?
    Es ist sicherlich sehr interessant, näheres von Upcuntry zu lesen.
    Es geht um die Zeit von 1994 bis 2015.

    Tiriki sind ein Unterstamm der Luhya, mit eigener Sprache (Dialekt: Ludiriji ) und eigenen Riten (z. B. alle 5 Jahre Beschneidungsritual der Männer).

    Die Maragoli sind ein anderer der 16 Unterstämme der Luhya. Ihre Verbindung zur Umgebung von Cheptulu kann man sicherlich aus dem Engagement in Kaimosi ableiten, vormals einem Quäker-Zentrum. Aber ursprünglich war Kaimosi der Sitz des Tiriki-Königs, dem einzigen Herrscher, der jemals das westliche Kenya einen konnte.
    Das Buch 'Karibu Nairobi beschreibt mein Leben.https://www.amazon.de/kindle/dp/B01GKCRO6Y

    Aufgewachsen im ländlichen Vihiga, zum Studium nach Nairobi gekommen und dann nach Diani Beach verschlagen. Die dabei gemachten Erfahrungen mit Mzungus sowie viele Details über Kenia liebevoll und detailgenau erzählt in einem einzigen Buch. Ich würde mich über Deine Meinung zum Buch sehr freuen.

    Der YouTube-Kanal mit vielen Infos über Kenia: youtube.com/channel/UC6onRqel3jQscHT0QWxxPcg
    Na ja, 1994 ist ja gar nicht so früh.
    Dass es da irgendwo im Luhyaland Hunger gegeben hat, wundert mich wirklich. Von den Maragoli habe ich eher gehört (und gesehen) dass so 1975 bis 2000 hauptsächlich Uberfluss an Nahrungsmitteln vorhanden war.
    Bevor die Überbevölkerung das alles zerstört hat. Vielleicht hat das bei den Tikriki schon frühr eingesetzt.
    Man muss sich das wirklich vorstellen: aus einer Familie von zwei Personen (Mann und Frau) werden - ohne dass der Grundbesitz (Ernte) oder das Wasser oder die Geschäftstätigkeit (Es gibt einen Supermarkt und eine Mühle) in nur wenigen Jahren über 260 Personen. Die jetzt alle arm sind und zum Teil sogar in Semipermanenten Häusern leben müssen.

    PS.: wer war denn dieser Tiriki-König und wann war das - da muss ich mich näher damit beschäftigen, denn ich hatte nicht gewußt, dass Westkenia jemals geeint war. Auch hatte ich gedacht, dass der Sitz des Großkönigs der Luhya eher südlich im Gesamtreich gelegen war. Ich sehe, ich muss nachlernen :) .
    Lg
    Nahwira (ein Abatirichi) kam Ende des 17. Jahrhunderts aufgrund der sich dort verschlechternden Lebensumstände mit seinem Stamm aus dem Sudan und fand das heutige Vihiga unbesiedelt. Er wählte Kaimosi als seinen Sitz. Er dehnte während seiner Herrschaft das Gebiet ganz wesentlich aus. Auch sein Enkel wählte Kaimosi als seinen Sitz. Das Staatsgebilde erstreckte sich von Kampala im Nordwesten bis an das Siedlungsgebiet der Massai im Süden.

    Das Königreich Wanga existierte bis zur Ankunft der Briten in West-Kenia.
    Das Buch 'Karibu Nairobi beschreibt mein Leben.https://www.amazon.de/kindle/dp/B01GKCRO6Y

    Aufgewachsen im ländlichen Vihiga, zum Studium nach Nairobi gekommen und dann nach Diani Beach verschlagen. Die dabei gemachten Erfahrungen mit Mzungus sowie viele Details über Kenia liebevoll und detailgenau erzählt in einem einzigen Buch. Ich würde mich über Deine Meinung zum Buch sehr freuen.

    Der YouTube-Kanal mit vielen Infos über Kenia: youtube.com/channel/UC6onRqel3jQscHT0QWxxPcg
    Luhyas und luos kamen aus suedsudan und uganda. Sind ja heute noch einige dort. Luos sind niloten luhyas bantus. Aber heute noch gibts ja sehr rueckstaendige gebiete wie zb. Khwisero. Wird zeit dass sich da was tut. Kein wasseranschluss pitlatrin kein strom.
    Problem ist leider immer noch die von der kirche propagierte hohe geburtenrate. Das raecht sich.
    Habe das Buch gelesen.
    Das ist schon recht heftig.

    Hilft mir aber, das eine oder andere von meiner Frau besser zu verstehen.

    Danke für den Mut.

    Überlege ob ich meine Geschichte auch mal aufschreiben sollte.
    Wir sind wieder aus Deutschland zurück (Tochter war leider nicht mit).
    Ich hoffe meine Frau ist sich nun sicherer dass ich es ernst meine.
    Der im 3. Teil des Buches beschriebene Lebensabschnitt hat Kister etwas finanzielles Polster verschafft. Sie ist damals in ihre ursprüngliche Heimat. Vihiga, zurück gekehrt und betreibt dort eine Mais-Farm zusammen mit 3 anderen Frauen. Ab und an meldet sie sich und dann poste ich ihre Berichte hier:

    plus.google.com/u/1/collection/YID5cB

    Ihr geht es besser als vielen anderen in West-Kenia, aber eine Maisfarm wirft nicht viel ab. Das Finanzpolster schrumpft mit jedem ungeplanten Ereignis.
    Das Buch 'Karibu Nairobi beschreibt mein Leben.https://www.amazon.de/kindle/dp/B01GKCRO6Y

    Aufgewachsen im ländlichen Vihiga, zum Studium nach Nairobi gekommen und dann nach Diani Beach verschlagen. Die dabei gemachten Erfahrungen mit Mzungus sowie viele Details über Kenia liebevoll und detailgenau erzählt in einem einzigen Buch. Ich würde mich über Deine Meinung zum Buch sehr freuen.

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