Raub

Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

    Anfang des Jahres habe ich hier mal geschrieben, dass bei mir durch die Tricks und Stories nie ein Schaden verursacht wurde. Aber das ist natürlich nur ein Frage der Zeit. So stand mir im November abends um elf im vorbildlich mit Glasscherbenmauer und Stacheldraht eingefriedeten Compound plötzlich ein Mann gegenüber der mir eine beeindruckend großkalibrige Pistole vor die Nase hielt und erklärte, dass er mein Geld haben wolle. Nachdem ich ihm ein paar tausend Schilling aus der Hosentasche gegeben hatte erklärte er, dass er mich töten werde und führte mich mit vorgehaltener Waffe in mein Appartment. Dort musste ich dann weiteres Bargeld und Dokumente aushändigen. Ein zweiter Räuber räumte derweil das Appartment aus: Fernseher und sonstige Unterhaltungselektronik, Notebooks, Mobiltelefone, Fototechnik. Zumindest den Kühlschrank haben sie da gelassen.

    Das ganze ist für Kenia nicht ungewöhnlich und auch ich hätte mich nicht darüber gewundert da in der Anlage erst im August einer Engländerin ein Messer an den Hals gehalten wurde um sie auszunehmen. Das Schema ist immer das gleiche: die Räuber schlüpfen mit durchs Tor wenn ein Auto einfährt. Die Anlage liegt allerdings keine tausend Meter vom Diani Nakumatt und der SGA Security Zentrale entfernt, also relativ zentral was längere Aktionen eigentlich verhindert da die Security binnen zwei Minuten vor Ort sein könnte. Auch sitzen die Bewohner abends in der Regel hinter ihren verschlossenen Gittertüren. Ich war ausnahmsweise mal länger auf der Terrasse.

    Aber in Kenia ist ja ohnehin nichts wie es scheint. Just an diesem Abend hatte ich mir überlegt einen Araber welcher auch im Compound wohnt zu bitten sein Hupkonzert zu unterlassen welches er regelmäßig veranstaltet damit der Askari das Tor öffnet. Ein, zweimal hupen reicht. Bei dem Araber handelt es sich übrigens um den vor Ort allseits bekannten Betreiber des Leonardo (ehemals Tropicana) welcher vermutlich abends seine Tageseinnahmen spazieren fährt.
    Ich gehe also zum Tor um in abzupassen wo ich bereits einen Mann vorfinde über den ich mir keine Gedanken mache. Der Araber fährt ein und ich erkläre seiner Frau (sitzt auf der Beifahrerseite an der ich stehe) das Problem. Wir diskutieren ein Weile, irgendwann schaltet sich der Araber selbst ein.... weitere ewige Diskussionen. Als die Lage zu eskalieren droht zeigt der genannte Mann eine Pistole ohne jedoch den Araber oder seine Frau zu bedrohen. Der Araber sieht die Pistole, gibt Gas und fährt mit durchdrehenden Reifen in den hinteren Teil der Anlage wo er in sein Appartement flüchtet. Auf mich kommt ein weiterer Mann mit einer Pistole zu und will mein Geld. Seit Öffnung des Tores waren bereits einige Minuten vergangen. Auch alles weitere, Suche und Abtransport des Raubguts fand gemächlich statt. Die Räuber hatten offenbar keine Eile.

    Die SGA Security erschien kurz nachdem die Räuber abgefahren waren und muss ihnen auf Grund der Örtlichkeiten zwangsweise bei der Anfahrt begegnet sein. Weiter erschien die Polizei welche bei mir zunächst um einen Stift und Papier bat um den Vorgang aufnehmen zu können. Auch der Araber kommt wieder und so wird dokumentiert, dass die Räuber bereits in der Anlage waren als das Tor geöffnet wurde denn der genannte Mann der später die Waffe zeigte stand ja bereits neben mir als der Araber einfuhr und ich ihn im Compound anhielt. Der Araber vermutete gar, die Räuber selbst hätten das Tor geöffnet. Dieses Missverständnis erklärt sich daraus, dass der übliche Askari welcher täglich in der Anlage ist und bis zumindest 21 Uhr (da habe ich ihn bei seinem Rundgang gesehen) dort auch war vor dem Raub ausgewechselt wurde. Der neue "Askari" hatte weder die übliche Uniform noch sprach er englisch.

    Ich ging davon aus, dass die Polizei den Raub schnell aufklären und sich zu Detailfragen mit mir in Verbindung setzen würde. Aber es passierte - nichts. Nach drei Tagen ging ich zur (völlig verrotteten) Polizeistation in Ukunda. Der ganze Vorgang (immerhin ein bewaffneter Raubüberfall) vergegenständlichte sich dort in einem von täglich zig handschriftlichen, kleinen Einträgen in einem großen Buch. Ich wurde zur Touristenpolizei verwiesen. Mir wurde indirekt klar gemacht, dass von der Polizei keinerlei Unterstützung zu erwarten ist. Meine Idee war nun zumindest irgendein offizielles Dokument zu dem Vorgang zu bekommen um zivilrechtlich gegen die Securityfirma vorgehen zu können. Weit gefehlt. Ich durfte handschriftlich alles aufschreiben und es wurde damit eine "Akte" angelegt. Weiter bot man mir an, ich könne auf einem uralten Computer die übliche Bestätigung für eine Reisegepäckversicherung schreiben welche natürlich keinerlei Details zur Sache enthält. Nach drei Zeilen schreiben habe ich das abgebrochen da die Tastatur völlig verklebt war. Die nächsten Tage war ich noch mehrmals auf der Polizeistation was zumindest eine gewissen Handlungsdruck erzeugt hat. Denn nach weiteren drei Wochen (mein Telefon und Geld war am Strand gestohlen worden) war die "Akte" um weitere handschriftliche Erklärungen angewachsen. Einsehen durfte ich die Akte natürlich nicht und auch der Polizist konnte mir keine Auskunft geben da alles geheim sei. Als der Polizist das Büro mal verließ habe ich einen Blick reingeworfen. Der Araber bestätigte den Verlauf wobei er mich in seinen Ausführungen allerdings als Asiaten bezeichnete (vermutlich fühlte er sich durch meine Bezeichnung Araber beleidigt weil er keiner ist sondern nur so aussieht) und mich verdächtigte mit den Räubern zusammenzustecken da ich ihn angehalten habe. Jedenfalls erklärte mir der Polizist man würde den Askari vor Gericht bringen da dieser die Räuber eingelassen habe. Ich müsse dazu nach Mombasa fahren und vor Gericht eine Aussage machen. Die Ermittlungen seien jedoch noch nicht abgeschlossen, alles geheim, bla, bla. Ich könne einen Anwalt nehmen um gegen die Securityfirma vorzugehen aber er würde mir davon abraten da es nur Geld kostet und nichts bringt. Gleichzeitig erklärte er nochmals, dass ich Einsicht in die "Akte" (die ohnehin nur aus den handschriftlichen Erklärungen des Arabers, eines unbeteiligten Caretakers und mir bestand) bzw. eine Kopie dieser nur durch einen Anwalt bekomme.

    Fazit: Kenia wirkt oberflächlich betrachtet strukturiert. In der Praxis hat die Korruption Ausmaße angenommen die ein normales Staatswesen verunmöglichen. Der Staat Kenia löst sich an der Küste langsam auf und in wenigen Jahren ist davon gar nichts mehr übrig. Dann geht es nur noch um die Frage an welchen Warlord man zahlt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird dieser Warlord Muslim sein. Ansonsten gilt wie immer: traue keinem Kenianer, insbesondere nicht den freundlichen Nachbarn und dem Personal.
    Alles sehr traurig.

    Meinen Vater, der seit Ende der 90iger Jahre in Diani Beach lebte, haben sie Ende Juli 2013 im eigenen Haus ausgeraubt und erschlagen. Der materielle Schaden interessiert mich nicht, ich sähe allerdings gerne, dass die Mörder zur Verantwortung gezogen werden.

    Der Mordprozess am Mombasa High Court zieht sich mit wiederholten Vertagungen endlos in die Länge - mein Anwalt und die Deutsche Botschaft in Nairobi versuchen, ein bißchen Druck zu machen, dass er zu einem Ende kommt.

    Nächster Prozesstermin ist der 16. November 2016,


    Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „Dieter“ ()

    Hallo ich habe hier beiläufig zum Thema gelesen.
    Ich kann nur sagen das ich in den letzten Jahren bereits zweimal im Hotel bestohlen wurde und mir weder die polizei vor ort in Mombasa noch in der CID-Zentrale in Nairobi echte Hilfe geboten wurde.
    Es liegt eben an einem selbst und man muss besser auf sein Eigentum achten...auch in der schönsten Zeit des Jahres